Peter Tepe

Rheinische Post vom 20. Oktober 1993

Eine Kröte vermittelt Mythisches

Offene Universität kommt als Infotainment daher: theatralische Vorlesung

von qua

„Die Kröte versucht uns zu langweilen“, sagt die Rättin mit drohendem Unterton. „Paß auf Alter, daß du keine Listen runterrasselst“, wirft sie kurze Zeit später scharfzüngig ein. Am Rednerpult schwitzt Privatdozent Dr. Peter Tepe unter einer Krötenmaske und versucht mit seinen Ausführungen über Mythologie dem Wissensdurst, der unterhaltsam gestillt werden will, gerecht zu werden. Die Ratten räkeln sich auf ihren prall gefüllten Futtersäcken, als wollten sie andeuten, daß Kröte und Igel, die in ihrer Höhle Zuflucht gefunden haben, von ihnen abhängig sind. Am Ende der Vorlesung – oder besser Vorstellung – haben die wissende Kröte und der quirlige Igel vor den Augen der Ratten Gnade gefunden. „Das war zwar ganz schön trocken Kröte, aber du darfst bleiben“, kommentieren Tepes Studenten als Ratten. Kost und Logis gegen Geschichten und Wissen. Die Höhle der Ratten liegt im Hörsaal 3H der philosophischen Fakultät an der Heinrich-Heine-Universität. Die „Jungkröten“ im Auditorium, wie Privatdozent Tepe seine Studenten ansprach, waren begeistert. Statt trockener Fakten, hochtrabender Erklärungen und wissenschaftlicher Bandwurmsätze wurden Theater mit frechen Dialogen und Wissensvermittlung mit einer ordentlichen Prise Selbstironie geboten.

Trotz des Entertainments hatten die Studenten am Ende die wissenschaftliche Abgrenzung von Mythos, mythischem Bewußtsein und Mythologie auf ihren Blöcken notiert. Die „Rattenmythe“, die den Dialog zwischen der Kröte als Hüterin des Mythenschatzes sowie Igel und Ratten bestimmten, veranschaulichten die germanistischen Einteilungen.

Die theatralische Vorlesungsreihe „Mythisches, Allzumythisches“, die über zwei Semester laufen soll, richtet sich nicht nur an Germanistik- und Philosophiestudenten. „Alle Interessierten sind eingeladen“, hob Tepe hervor. Mit Hilfe seiner Mitarbeiter werde er auch die nächsten Vorlesungen durch Theater, Tanz und Musik anreichern, versprach der Germanist.

Sabine Jambon und Ingo Toben als Ratten sowie Helge May als Igel, Regisseur und Dialogschreiber werden in den kommenden beiden Semestern viel Freizeit für die „tierische“ Wissenschaft opfern müssen. Soviel Probenarbeit, wie für die erste Vorlesung, könnten sie nicht jede Woche leisten, meinte Autor May, der auch schon Kindermusicals geschrieben hat. Doch er kündigte an: „Quiz, Dialoge und Rattenmythen werden die Vorlesung weiter begleiten“.