Filip Machač

Bratri Karavadžovi / Brüder Karavadzos
und „Karavagina“
Filip Machac über Humbertoego, eine Ausstellung im ZoK, Berlin

Die Mischung von Ironie, Selbstironie, Tragödie, Pathos, Peinlichkeit, provokativer Selbst-Dekonstruktion, adaptiver Improvisation, dionysischer Annahme der Selbst-Destruktion, herausspringend aus dem Ur-Spiel der Ent-persönlichung, Ent-individualisierung des Individuums, eingepflanzt als traurig-lächerliche Kreation des Universums, wahrgenommen als Ur-Bewegung oder Auf-Wachen im Mikrokosmos des Menschen, der nicht notwenigerweise der Repräsentation unterliegt. - Ungefähr so einfach könnte man das Schaffen der Bratri Karavadžovi / Brüder Karavadzos charakterisieren.

„No politics, no critics, no demonstration, no revolution, only joke…“ Mit dieser essentiellen Anti- Definition (die sie wahrscheinlich selbst nie ausgesprochen haben) knüpfen die Karavadžovi - sei es bewusst, sei es unbewusst - an die Taten der Züricher Dadaisten an. Die sagten sich in ihrem Cabaret Voltaire zuerst von der vom Krieg zerstörten sozialen Realität los, dann von der Kultur, von der Kunst und letztendlich auch von sich selbst - also von ihrer eigenen Abgrenzung. In dieser radikalen Skepsis , in dieser ekstatischen Verleugnung der Rationalität, der Logik und der Möglichkeit der Reflexion in der Beziehung zwischen dem Subjekt des Schaffens und dem Objekt des Er-schaffens, spielt sich ein wichtiger evolutionärer Prozess ab , in dem die Kunst mit dem Leben identifizierbar ist. Das Leben als ein spontanes Spiel ohne Regeln, das Leben als ein ekstatischer Schrei in das Uni-Versum (vesmir) oder Nichts-Versum (nesmir).

Die Karavadžos sind die sexistenziellen Pioniere der Kunst-Szene. Sie lösen die mit dem sozio-kulturellen Diskurs bedingten Grenzen zwischen Galerie und Nicht-Galerie auf, zwischen Ausstellung und Nicht-Ausstellung, zwischen Performance und Nicht-Performance, zwischen Aussage und Nicht-Aussage, zwischen Sinn und Un-Sinn. „Alles ist nur Illusion“ können wir zusammen mit Ladislav Klíma sagen. Deswegen hat es auch keinen Sinn, eine Antwort auf die Frage zu suchen, ob überhaupt etwas einen Sinn habe und ob man überhaupt etwas ernst nehmen könne.

Eine Galerie ist jeder Raum, eine Ausstellung ist überall, Performance ist alles was passiert.

Diese Anti-Kunst steht in radikaler Gegen-Position zur gegenwärtigen Kunst- und dem Kunstmarkt-Diskurs, der sich auf einem Piedestal (der „Kultur“ genannt wird) des gegenwärtigen peinlichen Kapitalismus abspielt. Die Kunst, die immer mehr zur Nutte dieser Kultur wird, ist mit den Taten und dem Schaffen der Karavadžos in die ur-sprüngliche Vagina des Seins zurückgereicht worden - in die sogenannte „Kara-Vagina“.

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