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7 Fundamentalismus und Ideologie(-)

‘Ideologie(+)’ verwende ich bekanntlich als Synonym für ‘Weltanschauung`, ‘übergreifendes Überzeugungssystem’. Unter ‘Ideologie(-)’ hingegen verstehe ich ein Erkenntnisdefizit näher zu bestimmender und prinzipiell vermeidbarer Art. Noch vor der näheren Bestimmung dieses Defizits können daher zwei allgemeine Thesen formuliert werden.

(1) Menschliches Leben ist weltanschauungsgebunden. Der Versuch, sich generell von der Ideologie(+) zu befreien, ist sinnlos. Es macht auch keinen Sinn, die unauflösliche Bindung an die Ideologie(+) als eine Art Verhängnis zu betrachten, dem zu entkommen zwar eigentlich wünschenswert, aber tragischerweise unmöglich ist, denn ohne Ideologie(+) gäbe es überhaupt kein sozio-kulturelles Leben. Dass alles Denken in gewisser Hinsicht ideologisch(+) ist, stellt, isoliert betrachtet, also keinen Einwand dar.

Die jeweilige Ideologie(+) kann jedoch modifiziert und im Extremfall sogar ganz durch eine andere ersetzt werden.

(2) An Ideologien(-) sind wir nicht auf dieselbe Weise gebunden wie an Ideologien(+); hier haben wir es mit defizitären, mit illusionären Vorstellungen zu tun. Diese werden zwar aus unterschiedlichen Gründen vielfach akzeptiert und geglaubt, aber sie sind grundsätzlich vermeidbar, mag eine Vermeidung auch in vielen Fällen nicht durchführbar sein. Gezielte Vermeidungsversuche finden insbesondere dort statt, wo bestimmte Wertüberzeugungen gegeben sind, die eine solche Vermeidung fordern; das ist vor allem im Kontext der Position offener Profanität der Fall. Dabei rechne ich vorsichtigerweise damit, dass sich Ideologien(-) zwar unter günstigen Rahmenbedingungen zurückdrängen, aber wohl nicht völlig auflösen lassen. ‘Alte’ Ideologien(-) können zudem in ‘neuer’ Form, d.h. mit neuen Inhalten ausgestattet, wieder aufleben.

Daraus, dass alles Denken ideologisch(+) ist, folgt also nicht, dass alles Denken auch ideologisch(-) ist. Und grundsätzlich gilt: Vermenge niemals die Ideologie(+) mit der Ideologie(-)!


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